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  • FOMO, JOMO und die Realität

Instagram (und stellvertretend alle bildbasierten sozialen Medien wie Facebook, TikTok oder Snapchat) ist wie eine endlose Galerie wunderschöner Bilder, beeindruckender Erlebnisse und scheinbar perfekter Lebensmomente. Den meisten Menschen ist mittlerweile bewusst, dass hinter jedem Foto oft weniger Realität und mehr Inszenierung steckt – sei es durch sorgfältig ausgewählte Perspektiven, Bildbearbeitung oder gezielte Momentaufnahme. Dennoch beeinflussen diese Bilder unser Gehirn stark: Studien zeigen, dass trotz unseres Wissens um diese Inszenierung unser Belohnungssystem aktiviert wird und uns unbewusst vermittelt, dass andere ein aufregenderes, schöneres oder erfolgreicheres Leben führen. Das ständige Vergleichen mit diesen vermeintlich perfekten Leben führt nachweislich zu erhöhtem Stress, Unzufriedenheit und geringem Selbstwertgefühl.

Warum vergleichen wir uns überhaupt?

Vergleichen ist eine tief verwurzelte, psychologische Angewohnheit des Menschen, die evolutionär bedingt ist. Sozialpsychologische Forschungen zeigen, dass Menschen sich vergleichen, um ihre soziale Position einzuschätzen und Zugehörigkeit sicherzustellen. Dieser Prozess läuft in unserem Gehirn automatisch und in Millisekunden ab, ohne dass wir ihn bewusst steuern können. Ursprünglich diente dieser Mechanismus dem Überleben: Wir konnten so besser einschätzen, welche Fähigkeiten und Ressourcen uns zur Verfügung standen und was noch zu lernen oder zu erreichen war. Das Vergleichen hilft uns zudem dabei, realistische Ziele zu setzen und uns in einer sozialen Gruppe zurechtzufinden. Es ist also durchaus ein wertvoller und notwendiger Prozess.

In der modernen Welt und speziell auf Plattformen wie Instagram gerät dieser Mechanismus jedoch aus dem Gleichgewicht. Bildbasierte Plattformen wie Instagram bedienen sich bewusst dieses automatischen Vergleichsmechanismus unseres Gehirns, indem sie ständig neue, attraktive Vergleichsmaßstäbe anbieten. Da diese Maßstäbe oft unrealistisch hoch und stark inszeniert sind, entsteht eine verzerrte Wahrnehmung unserer eigenen Fähigkeiten und Erfolge. Was ursprünglich motivierend wirken sollte, kehrt sich nun oft ins Gegenteil und fördert Gefühle wie Unzufriedenheit, Neid oder Angst.

Bildgebende Medien allgemein – also Fotos, Videos oder visuelle Inhalte – verstärken diesen Effekt zusätzlich. Unser Gehirn verarbeitet visuelle Informationen besonders schnell und emotional intensiv. Diese Medien aktivieren direkt unsere Amygdala, ein Zentrum für Emotionen, und unser Belohnungssystem durch Dopaminausschüttung. Deshalb wirken Bilder so stark auf unser emotionales Gedächtnis und beeinflussen nachhaltig unsere Wahrnehmung und Gefühle.

Studien zeigen, dass der regelmäßige Konsum sozialer Medien mit erhöhten Raten von Angstzuständen und Depressionen einhergehen kann. Laut einer Studie von Hunt et al. (2018) reduziert die Einschränkung der Social-Media-Nutzung signifikant Symptome wie Einsamkeit und depressive Verstimmungen.

FOMO versus JOMO

Während Fear of Missing Out (FOMO), also die Angst, etwas zu verpassen, durch Instagram massiv gefördert wird, bietet JOMO – Joy of Missing Out – eine Gegenbewegung. JOMO bedeutet, bewusst auf Dinge zu verzichten und die Freude im Hier und Jetzt zu entdecken. Es geht darum, Momente bewusst zu genießen, ohne ständig dokumentieren oder teilen zu müssen.

Der Psychologe Adam Grant betont, dass JOMO mit einer verbesserten psychischen Gesundheit einhergeht, da wir weniger äußere Bestätigung suchen und mehr innere Zufriedenheit kultivieren. Zusätzlich bedeutet JOMO gewonnene Freiheit: Freiheit von sozialem Druck, Freiheit von ständiger Erreichbarkeit und Freiheit, Entscheidungen nach den eigenen Werten und Bedürfnissen zu treffen. Dies eröffnet Raum für Kreativität, Ruhe und tiefergehende, echte Verbindungen im Leben.

Und nun mehr JOMO

  1. Realität checken: Erinnere dich bewusst daran, dass Instagram eine kuratierte Plattform ist. Was du siehst, ist oft nur ein Bruchteil der Wahrheit – perfekt inszeniert und bearbeitet.
  2. Achtsamer Konsum: Limitiere deine tägliche Zeit auf Instagram. Setze feste Grenzen und nutze bewusst bildschirmfreie Zeiten, um dich von der ständigen Reizüberflutung zu erholen.
  3. Selbstreflexion stärken: Reflektiere regelmäßig, welche Gefühle Instagram in dir auslöst. Frust? Neid? Traurigkeit? Bewusstwerdung ist der erste Schritt zur Veränderung.
  4. Authentizität leben: Versuche, weniger perfekte, dafür authentische Momente zu teilen und zu konsumieren. Folge bewusst Accounts, die Realität zeigen und mentale Gesundheit fördern.
  5. JOMO-Momente kultivieren: Plane bewusst Zeit, in der du nicht erreichbar bist und genieße Offline-Aktivitäten, die dir Freude machen, ohne sie zu dokumentieren.

Sich vom ständigen Instagram-Vergleich zu lösen, ist weit mehr als nur eine kleine Veränderung: Es bedeutet, bewusst aus einem gesellschaftlichen Hamsterrad auszusteigen, das unsere Zufriedenheit sabotiert. Wer sich von der Illusion inszenierter Perfektion löst, öffnet die Tür zu echtem innerem Wachstum, nachhaltiger Freude und tiefer Verbundenheit mit sich selbst und anderen. Letztlich ist es eine Entscheidung für ein Leben, das nicht durch fremde Maßstäbe definiert wird, sondern authentisch, bewusst und erfüllend ist.